Ein paar Betrachtungen: Zentralasien ist nicht erst seit kurzem im Zentrum des Interesses. Es war immer ein Knotenpunkt: im Netz der antiken Seidenstraße, als Herz des Mongolenreiches Dzhingis Khans, als Zentrum des Riesenreiches Tamerlans und zuletzt Objekt der Begierde der russischen Zaren und Bolschewiken. Handel brachte Reichtum, gute klimatische Umstände führten zu ertragreichen Ernten. Heute kommt noch ein weiterer Reichtum dazu: diese Länder sitzen auf Bodenschätzen und riesigen Gas- und Öllagerstätten und werden von China, Amerika und Europa umworben. Da wird auch weggeschaut, wenn das Demokratieverständnis, die Menschenrechte und der Umweltschutz nicht immer unseren Konventionen entsprechen. Hauptsache man bleibt im Geschäft.
Von allen zentralasiatischen Staaten (mit Aserbaidschan) hat nur Kirgistan eine funktionierende Demokratie. Alle anderen Staaten werden von Familienclans regiert. Zum Beispiel ein Autokrat wie Nazerbajev, Präsident Kasachstans, bestimmt allein die Politik des Landes. Und Priorität haben nicht die Gesundheit der Menschen, die Bildung oder die Sozialpolitik, sondern sein Steckenpferd. Er leistet sich den Neubau einer ganzen Hauptstadt Astana. Ein Milliarden – Megaprojekt, um sein Präsidentenego zu befriedigen. Dabei sollte er die Situation in den bestehenden Städten und Dörfern studieren. Ohne Wasserleitung und Kanal lebt es sich nicht so bequem wie in seinem „Weissen Haus“. Desolate Schulen, Wohnhäuser und Straßeninfrastruktur auf allen Nebenstraßen warten dringend auf Investitionen. Eine interessante Lektüre wäre das Buch „good father in law“ seines in Ungnade gefallenen Schwiegersohnes Rachat Alijev, der in einem österreichischen Gefängnis ums Leben kam. Aber so genau wollen unsere Politiker gar nicht wissen – 1.) stört es die Geschäfte und 2.) man weiss ja nie was nachkommt – siehe Irak oder Libyen.
Um seine Landsleute auch mit seiner Hauptstadteuphorie anzustecken, rief er gerade die Astanaer Tage aus. 4 arbeitsfreie Feiertage am Stück. Das hätte uns fast getroffen. Ein Dichtring an der Steckachse wurde undicht. Also in die Werkstatt. Hätten wir nicht einen winzigen Garagenbetrieb gefunden, in dem das Auto im Hof sofort repariert wurde, hätten wir bei einer Vertragswerkstatt eine viertägige Zwangspause einlegen und zudem auf das Originalersatzteil aus Almaty warten müssen. In Astana findet soeben die Weltausstellung statt und die sollten auch seine Kasachen bewundern können.
Jetzt sind wir schon etwas früher als geplant im Oblast von Oral. Durch die abwechslungsarme Steppe machten wir fast immer mehr Tageskilometer als geplant. Einzig die frühere Hafenstadt Aral und ihren trockengefallenen Fischereihafen besuchen wir. Die Bewohner kämpfen gegen die Wüste und hoffen, dass das Meer irgendwann zurückkommt.
Eine Herausforderung für Leute wie uns, die keine 10 Worte russisch können, ist die Sprache. Inzwischen funktioniert ein kleiner „smalltalk“ ganz gut. Zudem sprechen hier in Kasachstan einige deutsch, das bis vor ein paar Jahren in der Schule unterrichtet wurde. So werden viele Freundlichkeiten ausgetauscht, wir bekommen Brot, Krapfen, Käse usw. geschenkt und werden oft eingeladen. Auch wir haben viel Besuch in unserer „Wohnung“. Küche, Bett, Tisch und Toilette werden bestaunt.
Auch bei der Polizei kommen wir inzwischen immer besser weg. Tagfahrlicht vergessen – straffrei. Statt einer lästigen nächtlichen Kontrolle – wir sind schon im Bett – gibt es eine Visitenkarte vom Polizist mit Telefonnummer. Wir sollen uns melden wenn wir seinen Schutz benötigen. Die Polizei auch dein Freund und Helfer!
Nun sind wir quer durch Kasachstan gefahren – es sind ca 4.500 km und verbringen nun die letzten Tage hier am Oral – Fluß, da unser Visum für Russland erst ab 24.7. gültig ist.
Ganz liebe Grüße AuGuL
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