Der Grenzübertritt gestaltet sich schwierig. Ein kleiner Fehler von mir und Anneliese hat ein „big problem“. In ihrem Pass steht vor dem Namen Mag.phil. und ich habe nur Mag. im Visaantrag geschrieben. Da muss der Polizeichef selbst entscheiden, ob das Visa gültig ist. Nach 3 Stunden Wartezeit gibt es ein ok und wir dürfen in Aserbaidschan einreisen.
Die Schnellstraße führt über Gäncä, Yevlax und Haciqabul geradewegs nach Älät ans Kaspische Meer. Wir fahren zügig, biegen nur einmal zum Ort Göygöl, dem früheren Helenendorf, ab. Die Johannes – Kirche ist neugotisch, die Häuser typisch schwäbisch, die Einwohner Azeris. Die Geschichte des Ortes könnte nicht interessanter sein: eine Württembergische Prinzessin wird die Frau des russischen Zaren. Ihr Sohn, Zar Alexander der I. verspricht den gebeutelten protestantischen Schwaben eigenes Land, Religionsfreiheit und keinen Kriegsdienst leisten zu müssen, wenn sie im Kaukasus siedeln. 1816 brechen weit über 1000 Familien mit Planwagen auf, erreichen 3 Jahre später Aserbaidschan und gründen mehrere Siedlungen und Dörfer. Diese Menschen wohnen bis in die 1930iger Jahre in der fremden Kultur mit ihrer eigenen Sprache, Religion, Brauchtum und Tracht. Es kommt viel knowhow ins Land wie Weinbau, Wagenbau, Küferei und vieles mehr. Die Siedler leben Tür an Tür mit der muslimischen Mehrheit und man lernt von einander. Sogar im 1. Weltkrieg kämpft man Seite an Seite mit Russland gegen Deutsche, weil hier ihre neue Heimat war. Erst Stalin enteignete sie und schickte sie in die Verbannung nach Kasachstan und Sibirien, weil es Deutsche waren. Der Nachwelt hinterließen diese Menschen reiche Erinnerungen. Heute ist die Gegend von den vielen Weinbergen geprägt.
In Qobustan gibt es Schlammvulkane zu sehen, aber erst nach einer anspruchsvollen Piste. 300 der weltweit 1000 solcher Höcker, die kalten Schlamm ausspucken, sind hier versammelt. Es entweicht Methangas, 230 Mill.m3 im Jahr, und trägt auch nicht wenig zum Treibhaus Erde bei.
Auch sehr beachtlich sind Felsen in der Nähe, bedeckt mit 1000enden Steingravuren, jede 10 – 15.000 Jahre alt. Als UNESCO – Kulturerbe ist diese fantastische Galerie geschützt. Es gibt auch eine „junge“ römische Inschrift einer Legion, die bis hier an die Küste des Kaspischen Meeres kam. Es ist die östlichste Spur der Römer und sagt, dass bis hier im Jahre 80 AD Soldaten unter der Herrschaft Caesar Maximus Domitian vorstießen. Es ist der 50igste östliche Längengrad.
Dann kommen wir in Baku an. Protzig zeigt die Stadt ihren Reichtum. Hier werden die Milliarden von Petrodollars ausgegeben die ins Land kommen. Ein gewaltiger Bauboom ist die Folge. Würde Geld stinken – man könnte hier kaum atmen. Aber es stinkt leider dort, wo in der unmittelbaren Umgebung seit 100 Jahren das Öl aus der Erde kommt. Unermüdlich laufen die Pumpen, sogar zwischen den heruntergekommenen armen Siedlungen der Menschen die hier wohnen müssen. Nichts davon merkt man in der Stadt.Einzig die Flame Towers, auf deren Fassaden in der Nacht Videoprojektionen mit Flammen laufen, nehmen Bezug.
Und wie geht es weiter?
das entscheidet sich morgen, ob wir das Transitvisum für die Weiterreise um das Kaspische (Russland und Kasachstan) bekommen.
Ansonsten müssen wir uns auf die äußerst komplizierte Verschiffung nach Kasachstan einlassen.
Die Registrierung für Aserbaidschan haben wir jedenfalls sicherheitshalber (auch kompliziert – mit vielen Irrwegen) erledigt. Falls wir doch die 2. Variante wählen müssen.
Also wir werden sehen – ganz liebe Grüße an euch
AuGuL